Liv Stein


Liv Stein
von Nino Haratischwili

Westf. Kammerspiele Paderborn  Premiere: 14. Oktober 2011
Regie: Irmgard Lübke
Ausstattung: Andrea Kuprian

Das vor zwei Jahren entstandene Stück der aus Georgien stammenden jungen Dramatikerin Nino Haratischwili spielt im Hause der Musikerin Liv Stein. Ihre sich zunächst ganz leise und poetisch entfaltende Geschichte einer zerbrochenen Familie nimmt nach der Pause emotional rasant Fahrt auf und mündet schließlich in einen aufwühlenden Psychothriller mit überraschenden Wendungen und einer bitteren Pointe.

Nach dem viel zu frühen Tod ihres Sohnes Henri, der als Internatsschüler an einem Gehirntumor stirbt, gibt die einst gefeierte Künstlerin das Klavierspielen auf. Ihren Flügel verbannt sie in den Keller, sie verliert völlig den Lebensantrieb. Ihre Managerin ist ratlos, und auch ihrem Exmann Emil gelingt es nicht, sie aus ihrer Lethargie und depressiven Stimmung heraus zu holen.

Da taucht die junge Klavierschülerin Lore auf, die vorgibt, ihren Sohn gekannt zu haben. Die selbstbewusst auftretende Elevin schlägt der zunächst abweisenden Diva einen merkwürdigen Handel vor: Sie möchte von ihr unterrichtet werden und bietet als Gegenleistung an, ihr alles über ihren Sohn zu erzählen. Der Deal funktioniert – Liv Stein erkennt das große Talent ihrer Schülerin und taucht Stück für Stück in das Leben ihres Sohnes ein, den sie eigentlich nie so recht gekannt hat. Gemeinsam möchte man nun konzertieren – für die Ältere ein Comeback, für die Jüngere das ersehnte große Debüt. 

Das Premierenpublikum zeigte sich tief beeindruckt und spendete langen, kaum enden wollenden Applaus. Der schloss neben dem Dank für eine bravouröse spielerische Leistung auch die Anerkennung für eine ebenso stringente wie behutsame Regie und die stimmungsvolle Ausstattung (Andrea Kuprian) ein. Das während der gesamten Aufführung praktisch unveränderte Bühnenbild, der Salon im Hause Stein, verdeutlicht mit den Blick durch die Verandatüren auf den jahreszeitlich sich verändernden Garten zugleich auch das unabänderliche Zusteuern auf den emotionalen Winter. 
Westfalenblatt vom 17.10.11 (Auzüge)